Mineralisches, Teilsynthetisches und Vollsynthetisches Öl – Erklärende Definitionen, Unterschiede und Beispiele

Viele, die sich mit dem Kauf eines neuen Motoröles für Ihr Fahrzeug beschäftigen, werden früher oder später über die oben genannten Begriffe stolpern. Doch welche Eigenschaften haben diese Öle? Und warum sollte am Ende des Tages ein vollsynthetisches Öl womöglich besser sein als ein mineralisches Produkt? In diesem Artikel wollen wir diese und weitere Fragen klären.

 

Klar ist, jedes Öl ist wie ein Essensgericht und die Öl-Hersteller sind dabei die Köche. Wie Köche nun mal so sind, sie verraten ungerne Ihre Zutaten, um sich von der Konkurrenz abzusetzen. Das ist in der Ölindustrie nicht anders. Jeder Hersteller benutzt für seine Öle eine individuelle Rezeptur und Herstellungsweise, um sich bestmöglich von den anderen Herstellern abzusetzen – wie er dabei vorgeht muss er niemandem preisgeben.

 

Um diesem eher unübersichtlichem Konstrukt eine gewisse Struktur zu geben hat man die Öle in die folgenden Bereiche aufgegliedert: Mineralisch, Teilsynthetisch und Vollsynthetisch

 

Mineralische Öle

 

Diese Öle werden kaum behandelt. Nachdem das Öl aus dem Erdreich gefördert wurde, wird das Öl nur noch in den Raffinerien destilliert und für den Kunden abgefüllt. Wegen dieser relativ einfachen Herstellungsweise gehören mineralische Öle auch zu den kostengünstigsten Ölen.

In den mineralischen Ölen herrscht aufgrund der wenigen Aufbereitung ein großes molekulares Chaos, alles was bei dem Prozess des Raffinierens nicht entfernt wurde ist noch an seinem Platz  – dieser Punkt wird später noch sehr wichtig sein.

 

Teilsynthetische und Vollsynthetische Öle

 

Wir fassen diese beiden Öl-Sorten zusammen, da Sie vom Grundgedanken auf das gleiche abzielen. So wie sich die Fahrzeuge immer weiterentwickeln, müssen auch Öle immer wieder auf neue Motoren abgestimmt werden. Ein mineralisches Öl reichte irgendwann nicht mehr aus, um einen einwandfreien Motorbetrieb sicherzustellen.

 

Die Ölindustrie hat dementsprechend den Herstellungsprozess von Motorölen immer weiter angepasst. Es wurden neue Möglichkeiten entwickelt das Öl abzustimmen und chemische Zusatzstoffe gefunden, um das Öl anpassungsfähiger, langlebiger und praktischer zu machen. Die Zusatzstoffe nennt man im Fachgebrauch „Additive“.   

 

Die Forschungen an immer komplexeren Herstellungsprozessen wurden weiter vorangetrieben. Bis zu dem Punkt an dem die Labore der großen Öl-Hersteller soweit gehen, die Öle auf molekularer Basis auseinanderzunehmen, sie strukturieren und entsprechend der gewünschten Eigenschaften wieder zusammenzusetzen. Zusätzlich hat sich natürlich auch die Herstellung und Beimischung von Additiven immer weiterentwickelt.

 

Additive

 

Die Additive haben es ermöglicht Mehrbereichsöle zu entwickeln(5W-30, 10W-40 etc.) und sowohl den Korrosions-, Verschleiß- als auch den Oxidationsschutz und die Langlebigkeit des Öls im Motor zu verbessern.

Die Öle die in diesen Laboren entwickelt werden haben nur noch sehr wenig bis gar nichts mehr mit dem Produkt zu tun was einst auf der Bohrinsel aus dem Boden kam.

 

Basisöle/Grundöle

 

Ein fertiges Motor- oder Getriebeöl besteht jedoch in erster Linie neben den Additiven aus Grundölen.

Grundöle sind Basis und Hauptbestandteil von Schmierstoffen. Sie machen bis zu 90 Prozent eines Motorenöls aus und sind somit die Schlüsselkomponente in jedem Premium-Motorenöl

 

Aus den neuentstandenen Möglichkeiten wuchsen auch immer weitere Untersorten der Basisöle, also die Öle auf denen jedes weiterverarbeitete Öl basiert. Um nicht den Überblick zu verlieren und jedes Öl passend kategorisieren zu können hat sich das American Petroleum Institute – kurz API - an die Entwicklung eines Systems mit weiteren Kriterien für die Basisöle gemacht.

 

Das API hat die Öle in 5 Gruppen gegliedert. Die erste Gruppe umfasst mineralische Öle, die fünfte Gruppe letztendlich alle vollsynthetischen Öle. Hier eine Aufstellung aller 5 Gruppen mit ausführlicheren Details:

 

Gruppen

Beschreibung

Gruppe I – einfach raffinierte Grundöle

Diese Öle werden gefördert, raffiniert und dann abgefüllt.

 

Gruppe II – Hydro-Crack-Öle

Hydro-Crack-Öle werden mit Wasserstoff behandelt um Teile der molekularen Strukturen auszudünnen und somit Verhalten im Gebrauch zu verbessern.

 

Gruppe III – hochausraffinierte Hydro-Crack-Öle

Der Unterschied zu Gruppe II ist, dass bei den hochausraffinierten Öle die molekularen Strukturen noch weiter bearbeitet und umstrukturiert werden.

 

Gruppe IV – synthetische hergestellte Öl-Basis (PAO)

Die Kohlenwasserstoffatome auf denen jedes Öl basiert werden künstlich hergestellt. Somit wird nur noch die ehemalige molekulare Struktur des mineralischen Öls übernommen und maßgeschneidert auf die gewünschten Eigenschaften angepasst.

 

Gruppe V – nicht definierbare Produkte Ester & Polyoester

Alle anderen Grundöle, die nicht in Gruppe I-IV fallen, einschließlich andere Systhetics

 

Gruppe V-Öle werden üblicherweise nicht selbst als Grundöle eingesetzt sondern verleihen anderen Grundölen günstige Eigenschaften. Einige Beispiele für Gruppe V-Grundöle sind: Alkyliertes Naphthalen, Ester, Poly-alkylen-glykole, Silcone, Polybutene.

 

Ein weiteres immer populärer werdendes Verfahren ist das GTL-Verfahren (Gas to liquids) - Bei dem GTL-Verfahren werden die molekularen Grundstrukturen des Öls nicht aus mineralischem Öl, sondern aus Gas gewonnen und dieses somit verflüssigt. Grundöle aus der GTL-Technologie, werden im Moment der Gruppe III zugeordnet, da der Herstellungsprozess Hydrocrack-Synthese beinhaltet.

 

Shell ist das erste und im Moment das einzige Unternehmen, welches die neue GTL-Technologie in ausgewählten Motorenölen einsetzt (wie z.B. Produktfamilie Shell Helix Ultra)

 

 

Vorgaben für Produktbezeichnungen

Trotz der sehr klaren Definierung der einzelnen Basisöl-Gruppen gibt es bei den fertigen Produkten keine so klaren Abgrenzungen. 

Dabei werden Gruppe 1-Öle(Öle die auf Basis von Gruppe 1 produziert wurden) im Handel immer als mineralische Öle deklariert. Als teilsynthetische/hydrocrack Öle bezeichnet man Öle die als Basisöl die Gruppe 2 & 3 haben. Vollsynthetische Öle können nur auf der der Grundlage von Gruppe 4 & 5 hergestellt werden.

 

Sollte man beispielsweise ein Gruppe 4 Öl mit einem Gruppe 2 Öl mischen darf das entstandene Produkt nicht mehr als vollsynthetisch vermarktet werden. Da solche gemischten Basis-Öle häufiger in der Produktion von Endprodukten auftauchen und die Hersteller immer wieder zusätzlich Additive hinzufügen – diese Additive können einen Anteil von bis zu 30% ausmachen -  besteht hier die große Unbekannte für den Kunden, da nirgends klar definiert wurde ab welchem Mischverhältnis welches Öl entsteht. Somit ist auch gar nicht so einfach festzustellen ob ein Öl nun als vollsynthetisch einzustufen ist.

 

Es wird dem Endkunden nicht wirklich leicht gemacht, um zu erkennen was für eine Art Öl er gerade in den Händen hält. In einigen Ländern werden teilweise teilsynthetische Öle als vollsynthetisches deklariert, da die Endkunden bereit sind für reine vollsynthetische Öle mehr Geld auszugeben.

 

In Deutschland gab es zu dieser Thematik ein entsprechendes Gerichtsurteil. Ölhersteller X warf Ölhersteller Y vor seine Öle falsch zu deklarieren und dem Kunden somit zu suggerieren, dass er ein vollsynthetisches Öl kaufen würde. Das Gericht gab der Anklage recht und stellte fest, dass Öle erst als vollsynthetisch bezeichnet werden dürfen, wenn diese mindestens zur Gruppe IV gehören. Somit musste der Hersteller welcher die Öle falsch ausgewiesen hatte jegliche falsche Etiketten von den Öl-Flaschen nehmen und neu drucken lassen.

 

Beispiele an Produkten

 an denen wir Ihnen erklären wollen, dass es gar nicht so leicht ist die einzelnen Öl Arten zu identifizieren:

 Öl - Beispielbilder

Einige Flaschen sind sehr klar deklariert – siehe Motorcraft(1&2 Bild oben v. Links). Auf einer Flasche steht „Synthetic Blend“ - Teilsynthetisch und auf der anderen „Full Synthetic“ - Vollsynthetisch. Bei diesen Produkten handelt es sich jedoch um einen amerikanischen Hersteller, die Richtlinien zur Einstufung des Öls sind von Kontinent zu Kontinent verschieden.

 

Andere Flaschen sind in diesem Fall nicht so aufschlussreich. Oft werden Wörter wie „Synthese“ und kryptische Abkürzungen(Bsp. SHC Synthese, SuperSyn) verwendet. Lassen Sie sich von diesen Ausdrücken nicht beeindrucken. Es bedeutet nicht sofort, dass das Öl auch tatsächlich vollsynthetisch ist.

 

Es gibt jedoch Hersteller wie bspw.  Amsoil, die bei Ihrer Produktpolitik einen großen Anteil von Produkten anstreben die tatsächlich vollsynthetisch sind.

 

Auf den Flaschen der OEM-Produkte steht meistens generell keine Aussagen zu der Synthetik des abgefüllten Öls und trotzdem können Sie auch hier sicher sein, dass die OEM-Hersteller das Öl genaustens auf Ihr Fahrzeug abgestimmt haben.

 

 

Doch welche Produktgruppe stellt nun das beste Öl?

 

Wie schon erwähnt, sind die Öle die auf Basis der ersten 2 Gruppen der API-Tabelle durch den geringen Herstellungsaufwand am günstigsten und somit auch nicht so vielfältig in ihren Anwendungsmöglichkeiten – trotzdem reichen schon diese Öle in Ihren Bereichen vollkommen aus – sie werden oft bei Traktoren, Motorrollern und älteren Fahrzeugen genutzt.

 

Die darauffolgenden Gruppen sind alleine schon in der Herstellung deutlich teurer, zusätzlich werden zum Teil auch noch hochwertige Additivpakete hinzugefügt welche den Preis ebenfalls ansteigen lassen. Der zu zahlende Preis bietet dem Kunden aber auch deutliche Mehrwerte welche mineralische Öle so nicht bieten können.

 

Auch heute arbeiten die Ölhersteller an immer neueren Ölen, eben weil auch die Autohersteller an immer neuen Motoren arbeiten. Neben der Schmierung ist es heute wichtig, dass ein Öl den Verbrauch senkt und somit seinen Teil zu einem ökologischen Prozess  beiträgt welcher der Umwelt und dem Geldbeutel des Autofahrers immer weiter zu gute kommen wird.

 

Abschließend ist zu sagen, immer auch auf die entscheidende Freigabe oder Spezifikation für Ihr Fahrzeug zu achten. Nur so kann das Fahrzeug im vollen Umfang geschützt werden.